(PM) – PRRS-Virusausbrüche sowie die mögliche Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest beschäftigen die schweinehaltenden Betriebe im Ostalbkreis, genauso wie die nach dem Magdeburger Urteil fraglich gewordene Kastenstandhaltung von Zuchtsauen und die neue Düngeverordnung. Viele Herausforderungen, denen es sich in Zukunft zu stellen gilt. Der Geschäftsbereich Landwirtschaft des Landratsamt Ostalbkreis hatte daher in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen zur 21. zentralen Fachtagung für Schweinehalter des Ostalbkreises in das Kellerhaus in Aalen-Oberalfingen eingeladen.
Dr. Wilhelm Pflanz, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, berichtete über das Thema „Anforderungen an tiergerechte Haltungssysteme für Schweine“. Um ein tiergerechtes Haltungssystem entwickeln zu können, muss die natürliche Verhaltensweise der Tiere bekannt sein. Das Verhalten der Tiere wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst und ist immer auch eine Strategie, um sich an die Umwelt anzupassen. Für die Haltungssysteme gilt daher der Grundsatz, dass das Haltungssystem die Anpassungsfähigkeit der Tiere nicht überfordern darf. Eine Überforderung würde zu stressbedingten Schäden und Verhaltensstörungen führen. Konventionelle Schweinebetriebe können durch eine gute Buchtenstrukturierung und der Schaffung von Funktionsbereichen für eine deutliche Verbesserung des Wohlergehens der Tiere sorgen. Für Betriebe, die bereit sind, mehr in das Haltungssystem zu investieren, bestehen verschiedene Fördermöglichkeiten (AFP, FAKT, Initiative Tierwohl, Tierschutzlabel). Auch die ökologische Schweinehaltung ist derzeit auf Grund der stark gestiegenen Nachfrage an ökologisch produziertem Schweinefleisch interessant. Der Anteil an ökologisch produziertem Schweinefleisch am gesamten Schweinefleischmarkt beträgt momentan nur 0,4 Prozent. Dr. Pflanz rechnet in der Biobranche mit einem stabilen Wachstum von 5 – 10 Prozent.
Im zweiten Vortrag referierte Benjamin Unangst, Landesanstalt für Schweinezucht Boxberg, über die Gruppenhaltung im Deckzentrum. Anlass dafür ist Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zuchtsauenhaltung im Deckzentrum. Demnach sollen alle im Kastenstand gehaltenen Schweine vollständig und ungehindert ihre Gliedmaßen ausstrecken können. Dies ist mit den üblichen Abmessungen von Kastenständen nicht gegeben. Der Gesetzgeber ist jetzt gefordert, entsprechende rechtliche Vorgaben zu machen. Die Landesanstalt für Schweinezucht in Boxberg hat zu diesem Thema verschiedene Haltungssysteme im Einsatz erprobt. Die vorliegenden Vorschläge stellen die Praxis jedoch vor große Herausforderungen, da oft ein Neubau erforderlich ist.
Über die Problematik des PRRS-Virus berichtete Dr. Richter vom Schweingesundheitsdienst Stuttgart. Beim PRRS-Virus handelt es sich um die verlustreichste Erkrankung in der weltweiten Schweinehaltung. Besonders tückisch an diesem Virus ist, dass er die Makrophagen (Fresszellen) des Immunsystems der Tiere beschädigt und somit zahlreichen Sekundärinfektionen Tür und Tor öffnet. Verbreitet wird der Virus vor allem auch über die Luft und kann dabei Strecken von bis zu 10 km zurücklegen. Die wichtigsten Maßnahmen sind der ausschließliche Zukauf von Schweinen von Betrieben mit bekanntem Status, angemessene Biosicherheit auf dem Betrieb, sowie die regelmäßige Impfung aller Tiere.
Dr. Martina Bühlmeyer, Leiterin des Geschäftsbereichs Veterinärwesen im Landratsamt Ostalbkreis, informierte über die aus Osteuropa näher heranrückende Afrikanische Schweinepest (ASP). Die ASP ist eine anzeigepflichtige Tierseuche, die zwar für Menschen nicht gefährlich ist, aber für Schweine fast immer zum Tode führt. Der Virus ist in der Umwelt sehr lange stabil und kann durch Impfungen nicht bekämpft werden. ASP verursacht somit massive wirtschaftliche Schäden. Zudem sind bei Ausbruch der Seuche Handelsrestriktionen zu erwarten. In 2017 sind erste Fälle der ASP in Tschechien aufgetreten. Verschleppt wird die Krankheit häufig über nicht durchgegarte Fleischprodukte aus den Befallsgebieten. Werden diese Produkte von beispielsweise Wildschweinen an Rastplätzen aufgenommen, führt dies unweigerlich zur Durchseuchung der Wildschweinepopulation. Die Wildschweine wiederum können dann unsere Hausschweine anstecken. Die wichtigsten Bekämpfungsmaßnahmen sind daher das Verhindern der Einschleppung, das schnelle Erkennen eines Seucheneintrags und eine schnelle Bekämpfung, um den Status der Seuchenfreiheit wieder zu erlangen. Dafür müssen Restriktionsgebiete ausgewiesen und jagdliche Maßnahmen ergriffen werden. Bereits jetzt wird in Deutschland Fallwild und erlegtes Wild beprobt. Auch die Einhaltung der Vorgaben für Freiland- und Auslaufhaltung von Hausschweinen müssen unbedingt eingehalten werden.
Mit dem Thema „Afrikanische Schweinepest – wie kann ich generell meinen Betrieb absichern“ knüpfte Werner Früh, FWG Wirtschaftsberatung, direkt an den Vortrag von Dr. Bühlmeyer an. Früh erläuterte, wie durch das Abschließen einer Ertragsschadenversicherung der tierhaltende Betrieb einen wirtschaftliche Schaden durch Seuchen, Krankheiten und Unfälle minimieren kann. Eine Ertragsschadenversicherung entschädigt ergänzend zur Entschädigung über die Tierseuchenkasse auch den Ertragsausfall.
Die Schweinehalter haben jedoch nicht nur mit Krankheiten und neuen Haltungsvorschriften zu kämpfen. Sie sind auch von der neuen Düngeverordnung betroffen. Dr. Manfred Dederer, Regierungspräsidium Stuttgart, stellte die wesentlichen Neuerungen in der Düngeverordnung vor. Auf die Schweinehalter kommen hier vor allem neue Dokumentationspflichten zu. Der Leiter des Geschäfts Landwirtschaft im Landratsamt Ostalbkreis, Helmut Hessenauer wies darauf hin, dass demnächst noch weitere Infoveranstaltungen zum Thema Düngeverordnung für die Landwirte im Ostalbkreis angeboten werden.
Doch es gibt auch Positives zu berichten. So wies Hans-Udo von Wilpert, Geschäftsbereich Landwirtschaft, darauf hin, dass sich die Förderbedingungen in der Investitionsförderung für Tierwohlmaßnahmen verbessert haben. So gibt es in der Premiumförderung für Geflügel und Schweine keine Bestandsobergrenzen mehr, sodass auch größere Betriebe in den Genuss der Förderung kommen können, wenn sie einen besonders tiergerechten Stall bauen. Im Bereich der Maschinen der Außenwirtschaft sind jetzt Schleppschuhverteiler und Schlitzgeräte für die Gülleausbringung förderfähig, sowie Feldspritzen, die besonders mittelsparend sind (z.B. sensorgesteuerte Technik).
Der überaus gute Besuch der Fachtagung zeigte nicht nur die Brisanz der Themen, sondern auch, dass die Landwirte hier auf der Ostalb bereit sind, sich den neuen Herausforderungen zu stellen.
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