Den technischen und biologischen Fortschritts nutzen
Münster (wlv) Alle heute verfügbaren Möglichkeiten des technischen und biologischen Fortschritts bei der Haltung von Tieren und der Verwendung der anfallenden Nährstoffe müssen genutzt werden, um bei Pflanzen und Tieren hohe Erträge bzw. Leistungen sicherzustellen und um gleichzeitig die Umweltverträglichkeit der Produktion zu verbessern. Ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit gehörten dabei untrennbar zusammen, wie Dr. Ludwig Pahmeyer und Hermann Kühn (Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe) bei der Vorstellung des Gutachtens* zur „Nachhaltigen Sicherung des Veredlungsstandortes Westfalen-Lippe“ – von der Stiftung Westfälische Landschaft in Auftrag gegeben – vor der Presse am Dienstag in Münster-Handorf auf Gut Havichhorst erläuterten.
Laut Studie ist die westfälisch-lippische Landwirtschaft aufgrund der natürlichen und strukturellen Verhältnisse auf tierische Veredlung wie Schweine- und Rinder- und Geflügelhaltung angewiesen. Auch sind die Tierbestände im Durchschnitt kleiner im Verhältnis zu den europäischen Wettbewerbern. „Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit werden daher in Vollerwerbsbetrieben rund 100 Milchkühe und mindestens 800.000 kg Milchreferenzmenge, 250 Zuchtsauen oder 1.500 Schweinemastplätze benötigt“, betonte Dr. Pahmeyer.
Bestandsaufstockungen und Modernisierung der Haltungsverfahren, die meist mit Kostensenkung und Leistungssteigerung parallel verlaufen, führten gleichzeitig durch sinkende Nährstoffausscheidungen und verminderte Emissionen aus modernen Stallanlagen pro Produktionseinheit zu ökologischen Verbesserungen. Schlechte tierische Leistungen wiederum, z.B. aufgrund ungünstiger Aufstallungsverhältnisse in nicht mehr investierende Betriebe, belasten die Umwelt stärker. Auch bei den alternativen Tierhaltungsverfahren sei die Nährstoffausscheidung pro Einheit höher als bei moderner Veredlungsproduktion. Zudem ist laut Studie seit 1990 der für die Umwelt bedeutsame Nährstoffanfall aus der Viehhaltung (Stickstoff -11 %, Phosphat -18 %, Kali -15 %) zurück- gegangen. „In den vergangenen Jahren sind große Anstrengungen wie durch Beratung, Gülletechnik oder reduzierte Fütterung unternommen worden, um die Nährstoffverwertung aus der Tierhaltung zu optimieren. Diese Anstrengungen müssen in Zukunft intensiv weiterverfolgt werden“, erläuterte Kühn.
Bei der Vorstellung des Gutachtens unterstrich Bauernpräsident Franz-Josef Möllers die entscheidende Bedeutung der Veredlungs- wirtschaft für die Landwirtschaft in Westfalen-Lippe. Sie trage mit rund 80 % wesentlich zum Einkommen der heimischen Landwirtschaft bei. Neben einer guten produktionstechnischen Beratung sei es zwingend erforderlich, dass Entwicklungsmöglichkeiten und Stärken der heimischen Landwirtschaft unterstützt werden, so Möllers mit Blick insbesondere auf die Förderpolitik. Zukunfsweisende Produktionsmethoden und – strukturen dürften nicht durch die Politik abgelehnt oder gar behindert werden. „Wir wollen, wir müssen voran in die Zukunft und nicht zurück in das letzte Jahrhundert.“ Nur so sei der Erhalt der multifunktionalen Landwirtschaft in Westfalen-Lippe möglich.
AGRAR-INFO, Nr. 33, 23. August 2000, 53. Jahrgang