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Gefälschte Bio-Lebensmittel: Forschungsprojekt sieht Verbesserungsbedarf bei Kontrollen

(idw) – Universität Hohenheim untersuchte Öko-Kontrollsystem der EU;
Prof. Dr. Stephan Dabbert: „Es gibt Verbesserungsbedarf“

700 Millionen Kilogramm Lebensmittel sollen von einer Fälscherbande in
Italien falsch deklariert worden sein. Die italienische Polizei hat den
Fälscherring heute auffliegen lassen. Unter den Verdächtigen sind auch
Chefs von Lebensmittelfirmen und Kontrollstellen. Damit bestätigen sich
Ergebnisse eines Forschungsprojekts der Universität Hohenheim. Darin
analysiert Prof. Dr. Stephan Dabbert derzeit die europäischen Kontrollen –
und entwickelt einen 6-Punkte-Plan für notwendige Verbesserungen.

„Wenn tatsächlich Kontrollstellen an den Fälschungen beteiligt sind, dann
bestätigen sich unsere Ergebnisse: Die Überwachung dieser Stellen gehört
zu den wichtigsten Bestandteilen des Systems und muss dringend verbessert
werden“, sagt Prof. Dr. Dabbert. Er hat das Forschungsprojekt CERTCOST in
Hohenheim geleitet und formuliert derzeit die Ergebnisse aus.

Drei Jahre lang haben Wissenschaftler und Zertifizierungsexperten aus
sieben europäischen Ländern das Öko-Kontrollsystem untersucht, mit dem
Ziel das System zu verbessern. Jetzt sind die Resultate da: Ein Katalog
von sechs grundsätzlichen Empfehlungen soll das jetzige Kontrollsystem
verbessern, die Information für die Öko-Anbieter selbst erleichtern und
einheitliche, transparente Kennzeichnung für die Verbraucher schaffen.

Kontrollen müssen einheitlich werden

Wichtigster Punkt: einheitliche Ãœberwachung der Kontrollstellen. Denn
bisher gelten keine europäischen Standards, was Verstöße und
Unregelmäßigkeiten angeht. Ebenso wenig gibt es einen einheitlichen
Katalog von Sanktionen oder Definitionen, ab wann ein Verstoß vorliegt.

„Zuallererst muss die Überwachung harmonisiert werden. Heute gilt etwas in
Deutschland als Verstoß, was in Italien möglicherweise nicht so gewertet
wird – und umgekehrt. Diese Unterschiede müssen beseitigt werden“, fordert
Prof. Dr. Dabbert. „Es gibt auch noch keinen Bericht, mit dem die
Überwachungen der einzelnen Länder tatsächlich verglichen werden könnten“,
so Prof. Dr. Dabbert weiter.

Kontrollen müssen sich am Risiko orientieren

Ein weiteres Manko: bislang wird nicht überall bei den Kontrollen der
potentielle Schaden für den Verbraucher stark genug in den Vordergrund
gerückt: „Die Kontrollen in Risiko-Betrieben sollten erhöht werden“, so
der Professor für Agrarökonomie. Unternehmen, die bereits negativ
aufgefallen sind und solche mit hohem Markteinfluss sollten häufiger
kontrolliert werden. Dies wird von einigen Kontrollstellen bereits
praktiziert – aber eben nicht europaweit. Durch solch ein risikobasiertes
Kontrollsystem ließen sich Ressourcen dort bündeln, wo sie am dringendsten
benötigt werden, ohne die Kosten des Systems zu erhöhen.

Organisation der Kontrollen muss verbessert werden

Derzeit existiert in den europäischen Staaten eine Mischung aus privaten
und staatlichen Kontrollen, in jedem Staat ist die Aufteilung
unterschiedlich. Das soll auch so beibehalten werden, allerdings fordern
die Forscher eine bessere Organisation: „Die Mitgliedsstaaten sollten
überprüfen, ob man Aufgabenverteilung und Zusammenarbeit der Institutionen
nicht verbessern kann.“ Dies betrifft auch Deutschland, wo der
Föderalismus einen komplizierten Flickenteppich von Zuständigkeiten für
die Öko-Kontrolle produziert hat.

Fraglich sei auch, ob den zuständigen Einheiten der EU tatsächlich genug
Ressourcen für ihre Aufgaben zur Überwachung der Kontrollen zur Verfügung
stehen. Wichtig sei auch, den Informationsaustausch zwischen den einzelnen
Behörden und Ländern zu verbessern. „Das könnte etwa durch eine Plattform
für den Wissensaustausch unter den Behörden geschehen.“

EU benötigt europaweites Wissenssystem

Als Weiterführung fordern die Wissenschaftler ein effizientes
Wissenssystem: „Die Gemeinschaft braucht ein europäisches Forum, in dem
sie sich regelmäßig darüber austauschen kann, wie genau im Detail die Öko-
Kontrollverordnungen umgesetzt wurden. Das sollte von der EU zumindest
kofinanziert werden.“

Ebenfalls im vorgeschlagenen Maßnahmenkatalog der Forscher: „Auch
Schulungen für Inspekteure sollten verbessert und vor allem stärker
vereinheitlicht werden“, so Prof. Dr. Dabbert.

Öko-Unternehmer brauchen mehr Transparenz

Gute Produktqualität setze bei qualifizierten Erzeugern an. So benötigten
Öko-Unternehmer generell bessere Information und Transparenz über die
Anforderungen des Kontrollsystems. Dies betrifft insbesondere die neuen
Mitgliedstaaten.

„Dazu gehören verbesserte Schulungen in der Sprache der Mitgliedstaaten –
zum Beispiel als Web-Tutorials. Aber auch, dass Kontrollstellen ihre
Preislisten online zugänglich machen, um die Kosten für eine
Zertifizierung leichter ermitteln zu können.“ Die EU sollte ihr Internet-
Angebot zum Thema Öko-Zertifizierung deshalb weiterentwickeln.

Kennzeichnung muss verbessert werden

Um Vertrauen unter den Verbrauchern zu schaffen sei es wichtig, die
bestehenden Logos sinnvoll einzusetzen. In ihrem Projekt führten die
Forscher Feldstudien mit Ökosiegeln und Logos durch. Das Resultat: Das
deutsche Biosiegel beispielsweise schneidet sehr gut ab, auch
vergleichbare Logos aus Tschechien und Dänemark finden Anklang bei
Konsumenten.

„Das neue EU-Logo dagegen ist kaum bekannt,“, meint der Forscher der
Universität Hohenheim. „Die erfolgreichen nationalen Logos sollten deshalb
solange weiter verwendet werden, bis es gelungen ist für das neue EU-Logo
ein vergleichbares Vertrauen herzustellen.“

Hintergrund:
Ökonomische Analyse von Zertifikationssystemen für Öko-Lebensmitteln

CERTCOST ist ein Projekt an dem 10 Institutionen (darunter Universitäten,
Forschungseinrichtungen und Kontrollstellen) aus den Ländern Deutschland,
Tschechische Republik, Dänemark, Vereinigtes Königreich, Schweiz, Italien
und der Türkei beteiligt sind. Das Projekt wird von der Europäischen
Kommission mit 2,7 Mil. Euro gefördert. Ziel ist es, das europäische Öko-
Kontrollsystem unter ökonomischen Blickwinkel zu analysieren und
Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten.

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