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Eine BSE-Kuh mit Geburtsjahr 2001 wäre >extrem unangenehm<

(lid) – Die Zahl der BSE-Fälle geht in der Schweiz zurück, wenn auch nicht so rasch wie erwartet. Trotzdem ist das Schlimmste vorbei. Ein herber Rückschlag wäre aber eine BSE-Kuh mit Geburtsjahr 2001.

Von Roland Wyss-Aerni

21 BSE-Fälle wurden im letzten Jahr in der Schweiz registriert. Das sind nur drei weniger als im Vorjahr. Beim Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) hat man eine geringere Zahl erwartet. Immerhin hatte sich die Zahl der BSE-Fälle von 2001 auf 2002 noch fast halbiert, von 42 auf 24. Wieso der Rückgang aufs letzte Jahr so stark abgebremst wurde, darüber tappt das BVET noch im Dunkeln. Eines ist klar: Es geht um die Futtermittel. „Wir werden genau abklären, mit was für Futtermitteln die BSE-Kühe gefüttert wurden, ob aus dem In- oder Ausland“, erklärt Dagmar Heim von der Projektgruppe BSE beim BVET. Neben der Annahme, dass die Infektion über die Futtermittel erfolgt, gebe es keine andere wissenschaftlich erhärtete Theorie, abgesehen von der Übertragung von Muttertier auf Kalb.

Die Branche ist vorsichtig geworden

Die Fleischbranche ist nach dem Schock der zweiten BSE-Krise im Jahr 2000 (siehe am Ende „BSE-Chronologie“) sehr vorsichtig geworden im Umgang mit BSE. Angesichts der sensibilisierten Konsumenten können sich Bauern, Viehhändler und Schlachthöfe keine Risiken mehr leisten. „Die Leute passen besser auf, bevor ein Tier geschlachtet wird“, sagt Dagmar Heim. Verdachtsfälle würden häufiger gemeldet. Das hat dazu geführt, dass die Zahl der positiven Fälle, die im Rahmen der freiwilligen Untersuchungen gefunden wurden, stark gesunken ist: 2000 waren es noch 13, im letzten Jahr nur noch zwei. Vielleicht führte aber auch gerade die Tatsache, dass überhaupt freiwillig getestet wurde, dazu, dass die Branche sorgfältiger wurde. Freiwillig untersucht wird vor allem von Coop und Migros, aber auch von kleineren Schlacht- oder Metzgereibetrieben. Es ist eine teure Übung, die die Grossverteiler fürs Image in Kauf nehmen: Migros liess im letzten Jahr 153.000 Tiere testen und bezahlte dafür insgesamt 8,5 Millionen Franken. Coop testete gegen 50.000 Tiere. Im Rahmen des Untersuchungsprogramms wurden knapp 11.000 umgestandene und getötete Tiere getestet, 8.800 krankgeschlachtete und 7’000 normalgeschlachtete Tiere. Klinische Verdachtsfälle waren es 54. Damit wurde mehr als die Hälfte von insgesamt rund 370.000 geschlachteten Tieren getestet.

Geburtsjahr 2001 sollte nicht vorkommen

Die meisten Kühe, die im vergangenen Jahr positiv getestet wurden, sind in den Jahren 1996 bis 1999 zur Welt gekommen. Ein Fall stammte aus dem Jahr 2000, also noch bevor Anfang 2001 die Fütterung von tierischen Mehlen auch für Nicht-Wiederkäuer verboten wurde. Weil nun also seit Anfang 2001 mutmasslich alle Infektionsquellen für BSE-Fälle ausgeschaltet sind, dürfte es keinesfalls zu einem BSE-Fall bei einer Kuh mit Geburtsdatum 2001 kommen. „Extrem unangenehm“ wäre es laut Dagmar Heim, wenn ein solcher Fall auftauchen würde. Wie gravierend das tatsächlich wäre, würde dann allerdings erst eine genaue Eruierung des Lecks zeigen. Heim gibt zu bedenken, dass das Verbot vielleicht nicht überall vom ersten Tag an umgesetzt worden sei. Eine „Gnadenfrist“ von einem halben Jahr würde einen Fall aus dem Jahr 2001 erklären. England ist bereits in dieser Situation und Diskussionen über andere Infektionswege sind in Gang: In England wurde schon 1996 ein totales Tiermehlverbot eingeführt, inzwischen sind aber 70 Fälle aufgetaucht, bei denen die Kühe nach 1996 geboren wurden. Dagmar Heim relativiert aber: In England habe es vor dem totalen Tiermehlverbot 180.000 BSE-Fälle gegeben, so gesehen seien 60 Fälle eine geringe Zahl. In der Schweiz mit bisher 452 BSE-Fällen ergäbe die gleiche prozentuale Verringerung bis zum Jahr 2007 rein rechnerisch 0,14 BSE-Fall mit Jahrgang 2001. Auch in der Schweiz sei eben die Frage, ob die getroffenen Massnahmen hundertprozentig sicher seien, sagt Heim. Und schliesslich gebe es auch noch die Theorie der Spontanfälle, wonach BSE bei einem Tier pro Million ohne erkennbare Ursache auftrete. Das sei alles sehr unsicher und spekulativ.

Der letzte BSE-Fall kommt irgendwann nach 2006

Weil alles so unsicher und spekulativ ist, versuchen die Wissenschafter mit rechnerischen Modellen herauszufinden, wie die Entwicklung von BSE verläuft und wie die Zukunft aussieht. Das BVET rechnet damit, dass im Verlauf der ganzen BSE-Geschichte insgesamt rund 900 diagnostizierbare BSE-Fälle auftauchen. Angesichts der 452 bisher registrierten Fälle werden nur etwas mehr als die Hälfte davon aufgedeckt. Denn laut dem Modell ist noch mit knapp 50 BSE-Fällen zu rechnen, die in den nächsten Jahren auftauchen werden. Der allerletzte Fall könnte in der Schweiz bereits 2006 auftreten, wenn man davon ausgeht, dass die Symptome nach fünf Jahren sichtbar werden und ferner voraussetzt, dass das totale Tiermehlverbot von 2001 lückenlos befolgt wird. Weil einige Tiere aber auch erst mit zehn oder mehr Jahren BSE-Symptome zeigen, könnte es auch viel später werden.

Schweizer BSE-Chronologie

1990: Im Berner Jura wird der erste BSE-Fall auf dem eu-ropäischen Kontinent entdeckt. Risikomaterialien wie Gehirn, Augen, Rückenmark und Milz werden in der Lebensmittelkette verboten. Verboten wird auch die Fütterung von Fleisch- und Fleischknochenmehl an Wiederkäuer. 1993: Die ersten Kühe, die sich nach dem Fütterungsverbot von Tiermehl mit BSE infiziert haben, werden entdeckt („born-after-ban“-Fälle). Tierische Abfälle müssen neu sterilisiert werden. 1995: Die Zahl der BSE-Fälle steigt auf den Rekordwert von 68 an. 1996 – Erste BSE-Krise: Erstmals wird ein Zusammenhang hergestellt zwischen BSE und der neuen Form von Creutzfeldt-Jakob. Risikomaterialien werden aus der Futtermittelkette entfernt: Gehirn, Augen und Rückenmark müssen verbrannt werden. Ferner wird die Herdenkeulung eingeführt: alle Tiere einer Herde werden getötet. 1999: Beginn der aktiven BSE-Überwachung: Neben den klinischen Verdachtsfällen werden alle krankgeschlachteten und umgestandenen Kühe sowie eine Stichprobe bei Normalschlachtungen auf BSE hin untersucht. Ferner wird die Kohortenkeulung eingeführt: Alle Tiere, die ein Jahr vor oder nach dem BSE-Tier geboren wurden, werden getötet. 2000 – Zweite BSE-Krise: Die ersten BSE-Fälle mit Jahrgang 1996 und 1997 tauchen auf. Nulltoleranz für tierische Eiweisse in Wiederkäuerfutter wird eingeführt. 2001: Mehle tierischer Herkunft dürfen auch an Nicht-Wiederkäuer nicht mehr verfüttert werden.

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