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Saarland: Zwischenergebnisse der Sonderprüfaktion „Gammelfleisch“

Saarbrücken (aho/lme) – Anlässlich der Vorstellung der landesweiten Zwischenergebnisse einer Sonderprüfaktion „Gammelfleisch“ erklärt der saarländische Verbraucherschutzminister Josef Hecken:

„In den vergangenen Wochen werden die Verbraucherinnen und Verbraucher tagtäglich mit widerwärtigen und ekelerregenden Machenschaften konfrontiert, die von den Lebensmittelkontrollbehörden aufgedeckt worden sind und die zeigen, dass skrupellose Geschäftemacher mit kriminellen Handlungen und ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Menschen versuchen, auch noch mit verdorbenem Fleisch Profit zu machen.

Angesichts dieser Vorkommnisse sind die Menschen zu Recht verunsichert und haben Angst. Für diese Angst habe ich auch Verständnis, denn trotz aller Kontrollen kann kein Minister und kein Kontrolleur mit Sicherheit ausschließen, dass einzelne Unternehmer sich kriminell verhalten. Trotzdem sind Kontrollen wichtig und unverzichtbar, um die Entdeckungswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Deshalb wird im Saarland seit Jahren Lebensmittelkontrolle auch unabhängig vom „Gammelfleischskandal“ sehr intensiv betrieben. Im laufenden Jahr hat es bis Anfang November über 530 Kontrollen von Fleisch- und Wurstprodukten gegeben, daneben wurden über 20.000 Schlachttierfleischuntersuchungen vorgenommen.

Unbeschadet dieser hohen Kontrolldichte wurde aufgrund der Geschehnisse um das „Gammelfleisch“ eine landesweite Sonderprüfaktion durchgeführt. Ziel war es, aus aktuellem Anlass alle saarländischen EU-zugelassenen Betriebe und alle registrierten Fleischbetriebe zu überprüfen und dabei schwerpunktmäßig die dort gelagerte Ware in Augenschein zu nehmen.

Bis heute (07.12.2005, 07.00 Uhr) wurden von den 82 EU-zugelassenen Betrieben 81 abschließend überprüft. Von den 241 registrierten Fleischbetrieben liegen die Prüfungsergebnisse von 168 Betrieben vor, die Überprüfung der restlichen Betriebe dauert noch an. Wenn alle Ergebnisse vorliegen, haben wir im Rahmen der Sonderaktion flächendeckend alle im Land befindlichen Betriebe geprüft und so ein aussagekräftiges Bild gewonnen.

Die bisher vorliegenden Ergebnisse sind ermutigend und zeigen, dass hiesige Betriebe nach bisherigem Erkenntnisstand offenbar nicht in bundesweite Verschiebeaktionen von verdorbenem Fleisch eingebunden oder gar verwickelt sind.

Lediglich in zwei Fällen ergaben sich bisher Auffälligkeiten:

In einem EU-zugelassenen Betrieb wurden zur Vorsicht ca. 840 kg Geflügelfleisch beprobt, das möglicherweise überlagert ist. Eine endgültige Analyse liegt aber noch nicht vor, die Untersuchungen dauern noch an. Derzeit gehen wir aber in der Tendenz davon aus, dass für das Ergebnis der Untersuchungen eher von einem „ohne besonderen Befund (o.b.B.)“ auszugehen ist.

In einem zweiten Fall wurde in einem anderen EU-zugelassenen Betrieb die Lagerung von 21 kg Rindfleisch in einem Kühllager festgestellt, dessen MHD 5 Tage überschritten war. Die Ermittlungen dauern noch an, die Ware war nicht zum Verkauf feilgeboten und wahrscheinlich in dem relativ großen Lager übersehen worden. Bisher gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass hier noch ein Verkauf beabsichtigt war.

Diese Zwischenergebnisse sind relativ erfreulich, die noch ausstehenden Ergebnisse der nicht abschließend überprüften Betriebe bleiben aber abzuwarten.

Weniger erfreulich waren die Ergebnisse der im Rahmen der Sonderpüfung zusätzlich untersuchten 27 Beschwerde- und Verdachtsproben von Wurst- und Fleischprodukten in saarländischen Discountern. Fünf dieser Proben waren aufgrund deutlicher sensorischer und mikrobieller Abweichungen zum Verzehr nicht geeignet. Diese Ergebnisse liegen im Rahmen dessen, was die Ergebnisse vorangegangener Wurst- und Fleischuntersuchungen in den vergangenen Jahren gezeigt haben. Weil viele Händler offenbar immer noch zu sorglos mit Wurst und anderen Fleischprodukten umgehen, gibt es hier eine relativ hohe Beanstandungsquote,“ so der Minister.

Fakten zum Kontrollgeschehen:

Insgesamt wurden im Jahr 2004 im Saarland 27.428 Schlachttier- und Fleischuntersuchungen (6.270 Rinderschlachtungen, 18.254 Schweineschlachtungen, 2.902 Schaf- und Ziegenschlachtungen und 2 Pferdeschlachtungen) durchgeführt. Bis Ende November 2005 wurden 20.095 Schlachttier- und Fleischuntersuchungen (3.910 Rinderschlachtungen, 13.604 Schweineschlachtungen, 2.577 Schaf- und Ziegenschlachtungen und 4 Pferdeschlachtungen) durchgeführt.

Von den insgesamt im Jahr 2005 im Landesamt für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz untersuchten 558 Proben von Wurst- und Fleischwaren wurden 160 Proben (28,7 Prozent) beanstandet. Der größte Teil der Beanstandungen bezog sich erfreulicherweise aber lediglich auf Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften und nicht auf bakterielle oder sensorische Abweichungen. Bei den Fleischerzeugnissen und dem frischen Fleisch ergaben 35 Proben aufgrund bakteriell bedingter sensorischer Abweichungen Ergebnisse, wegen derer die Produkte als nicht sicher und für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet deklariert werden mussten.

Hierzu Josef Hecken weiter:

„Die Ergebnisse zeigen, welch hohen Stellenwert die Lebensmittelkontrolle insbesondere bei Fleisch- und Wurstwaren hat. Im Saarland finden in allen Bereichen, insbesondere bei fleischverarbeitenden Betrieben Lebensmittel-Kontrollen auf hohem Niveau statt. Die Landesregierung hat seit der Regierungsübernahme im Jahr 1999 den Verbraucherschutz im Land wesentlich verbessert.

Neben der Verbesserung der Ausstattung und der Messtechnik wird ein neuer Standort zur weiteren Verbesserung des Verbraucherschutzes beitragen. Dafür hat das Land rund 25 Mio. Euro investiert.“

Insbesondere was die Zahl der Lebensmittel-Kontrollen betreffe, sei das Saarland bundesweit vorbildlich. Der Jahresbericht des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit für das Jahr 2004 mache deutlich, dass das Saarland mit 13.135 Kontrollbesuchen in 8.394 Betrieben vorbildliche Arbeit leiste. Die Kontrollquote von 64,36 Prozent ist weit über dem Bundesdurchschnitt. Damit ist sichergestellt, dass besonders sensible Betriebe mehrfach aufgesucht und gravierende Verstöße geahndet werden.

„Wir werden auch weiterhin auf hohem Niveau Betriebskontrollen durchführen, damit Qualität und Sicherheit für die Verbraucher gewährleistet werden“, so Minister Hecken.

Landesweit nehmen 16 amtliche Tierärzte die Schlachttier- und Fleischuntersuchung wahr und wachen z.T. auch über die Einhaltung der Hygienebestimmungen. Amtliche Tierärzte seien frei praktizierende Tierärzte, die vom Landkreis oder dem Stadtverband Saarbrücken für diese Aufgabe bestellt werden. Die Kontrolle der Kontrolle oder auch die Kontrollen selbst übernehmen insgesamt 11 Amtsveterinäre, die bei den Kreisen angestellt oder verbeamtet sind, der Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter. Darüber hinaus prüfen 34 Kontrolleure die Lebensmittel im Saarland. Die Kontrollen erfolgen risikoorientiert; die Kontrollhäufigkeit ist entsprechend der Einstufung unterschiedlich.

„Wenn es um den Schutz der Verbraucher geht, muss alles getan werden, dass „schwarze Schafe“ keine Chance haben. Daher unterstützt die saarländische Landesregierung das von Landwirtschaftsminister Horst Seehofer vorgesehene Maßnahmepaket ohne wenn und aber“, so Hecken, der ebenfalls harte Strafen bei Verstößen gegen das Lebensmittelrecht fordert.

„Wer Gesundheit und Leben von Verbrauchern vorsätzlich in Gefahr bringt, muss hart bestraft und auch öffentlich an den Pranger gestellt werden“. Nur so könne es gelingen, Tricksern das Handwerk zu legen. „Das was in den letzten Tagen und Wochen öffentlich geworden ist, hat nichts mehr mit einem Kavaliersdelikt zu tun, sondern ist eine unvorstellbare Schweinerei. Wer verdorbenes Gammelfleisch als Lebensmittel verkauft und dabei schwere Gesundheitsgefährdungen bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Kauf nimmt, nur um seinen Profit zu steigern, verhält sich nicht nur gewissenlos, sondern ist schlicht und ergreifend ein Krimineller. Diese Kriminellen kann man mit ein paar 1.000 EURO Bußgeld nicht abschrecken, hierüber werden sie nur lächeln. Notwendig ist es vielmehr, hier auch Fälle von Gesundheitsgefährdungen strafrechtlich zu ahnden und den gegebenen Strafrahmen bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Körperverletzung voll auszuschöpfen. Nur so kann man die rücksichtslosen Profiteure wirkungsvoll abschrecken.

Und nur so kann es gelingen, die überwältigende Zahl der sauber und anständig arbeitenden Landwirte, Metzger und sonstigen Lebensmittelproduzenten davor zu schützen, mit den Kriminellen in einen Topf geworfen zu werden. Die ganze Lebensmittelbranche gerät in Verruf, nur weil sich einige wenige ohne Rücksicht auf Verluste die Taschen voll machen wollen. Das tut mir weh, denn ich weiß, wie sehr sich die Masse der Unternehmen darum bemüht, alle Vorschriften einzuhalten, um einwandfreie und qualitativ hochwertige Waren zu liefern.

Konsequenzen für das Saarland:

Vor dem Hintergrund, das der Fleischhandel überregional und sogar Europaweit agiert ist es überlegenswert, inwieweit im Saarland an 6 verschiedenen Stellen im Land die Kontrollen geplant und koordiniert werden und in diesen 6 Behörden eigene Schlussfolgerungen getroffen werden sollen und Spezialisten an 6 verschiedenen Stellen vorgehalten, fortgebildet und weitergebildet werden sollen. Daher fordert Minister Hecken erneut die Rückverlagerung der Lebensmittelkontrolleure und Veterinäre in den Geschäftsbereich des Ministeriums für Justiz, Gesundheit und Soziales.

Seit der Kommunalisierung 1997 werden die Aufgaben (Tierarzneimittel, Tierseuchen, Tierschutz, Lebensmittelüberwachung, Fleischhygieneüberwachung, Rindfleischetikettierung, Recht der tierischen Nebenprodukte) von den Gemeindeverbänden als staatliche Auftragsangelegenheiten wahrgenommen.

Eine Konzentrierung der Veterinärverwaltung und Lebensmittelüberwachung zum Beispiel durch Angliederung an das Landesamt für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz hätte viele Vorteile, so Hecken: so könnten neben vielen Synergieeffekten durch Vereinheitlich und Schematisierung bei der Durchführung von Ordnungswidrigkeitsverfahren, gemeinsamer Materialbeschaffung und einer Verbesserung der Trichiniendiagnostik vor allem ein rotierendes System der Kontrolleure im Land eingeführt werden, das hilft, „Betriebsblindheit“ zu vermeiden.

Des Weiteren kündigte Minister Hecken an, einen Veterinärserver einzurichten: für die Bewältigung derartiger Vorkommnisse und der daraus erwachsenden Ansprüche an die Kommunikation mit der Öffentlichkeit, den Bundesbehörden, den Mitgliedsstaaten der EU, der EU-Kommission und mit Drittstaaten, ist ein verlustarmer, schneller und sicherer Informationsaustausch zwischen den Gemeindeverbänden und der obersten Landesbehörde notwendig. Ein zentraler Veterinärserver verbessere den Informationsfluss zwischen dem Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales und den Landkreisen.

Auch unterstützt der saarländische Gesundheits- und Verbraucherschutzminister das Maßnahmepakt von Bundesverbraucherschutzminister Seehofer. Konkret unterstützt das Saarland die Forderung,

o dass die Meldepflichten in der VO (EG) 178/2002 ausgeweitet werden sollen auf Lebensmittelunternehmer, denen unsichere Lebensmitteln angeboten werden und die solche Lebensmittel zurückweisen. Die Meldepflicht soll also nicht erst bestehen, wenn solche unsicheren Lebensmittel bereits in den Verkehr gebracht worden sind. Die Bundesregierung wird sich auf europäischer Ebene für eine entsprechende Änderung der Verordnung einsetzen.

o dass für sogenanntes Kategorie 3-Material (aus lebensmitteltauglichen Ausgangsmaterialien stammende, aber nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte Produkte) die Dokumentation bei Transporten verbessert werden muss, um die Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten und die Umdeklarierung zu Lebensmitteln zu erschweren und dass Abgangs- und Empfangsdokumente künftig zusammengeführt werden müssen.

o dass in der Folge der bisherigen Erkenntnisse aus dem aktuellen Geschehen, die Überprüfung aller EU-zugelassenen Kühlhäuser in Deutschland kurzfristig abgeschlossen werden muss. Darüber hinaus kündigen die Bundesländer an, die Überwachungen auf weitere Kühl- und Lagerräume, die an Lebensmittel verarbeitende Betriebe angeschlossen sind, auszuweiten.

o Um die gesundheitliche Bewertung von Einzelfällen durch die zuständigen Behörden in den Ländern zu erleichtern, wird das BMELV koordinierend das BfR rechtzeitig mit den notwendigen Risikobewertungen beauftragen.

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