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Der Milchmarkt im Umbruch

(ZMP) – Für die nächsten fünf bis sechs Jahre werden die Rahmenbedingungen am deutschen Milchmarkt durch die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und durch die bevorstehende Erweiterung der EU um zehn Staaten bestimmt. Erheblichen Einfluss werden auch die Ergebnisse der laufenden WTO-Runde haben, wobei derzeit nicht absehbar ist, wann und ob es zu einer Einigung kommt.

Wirtschaftliche Entwicklung

Die deutsche Wirtschaft hat 2003 nach mehreren schwachen Jahren stagniert, die Beschäftigung ist weiter zurückgegangen. Teilweise sind nicht nur die Reallöhne, sondern auch die Nettogehälter gesunken. Dies schwächt die Kaufkraft, von den psychologischen Auswirkungen auf die Konsumneigung ganz zu schweigen. Lebensmittel, insbesondere Grundnahrungsmittel, sind von der Konsumzurückhaltung zwar weniger betroffen als langlebige Verbrauchsgüter. Allerdings ist bei den Lebensmitteln eine zunehmende Hinwendung der Verbraucher zu Discountern wie ALDI oder LIDL und zu Handelsmarken festzustellen, während der Absatz von höherpreisigen Markenartikeln leidet. Diese Entwicklung führt zusammen mit einer gewissen Überversorgung des Marktes zu einem harten Preiswettbewerb unter den Anbietern. 2004 wird die Wirtschaft nach den bislang vorliegenden Prognosen stärker wachsen als in den Vorjahren. Allerdings wird das Wachstum wohl noch nicht stark genug sein, um für mehr Beschäftigung zu sorgen. Obwohl von den Steuersenkungen positive Signale für das Konsumklima ausgehen dürften, ist ein Anstieg der Kaufkraft noch nicht zu erwarten. Damit dürfte der Preisdruck bei Lebensmitteln anhalten. Grundsätzlich steigt der Verbrauch von Milchprodukten bei einer schwachen wirtschaftlichen Entwicklung zwar eher noch, da Milchprodukte eine vergleichsweise preisgünstige Versorgung mit hochwertigem Eiweiß ermöglichen. Allerdings beschränken sich die Verbrauchszuwächse in erster Linie auf Basisprodukte mit weniger hoher Wertschöpfung.

Agrarreform mit Folgen

Am 26. Juni 2003 haben sich die EU-Agrarminister auf einschneidende Reformen der gemeinsamen Agrarpolitik geeinigt. Besonders betroffen ist davon der Milchbereich, für den deutliche Senkungen der Marktordnungspreise in vier Stufen ab 1. Juli 2004 beschlossen wurden. Das Stützungsniveau geht um mindestens 22 Prozent zurück. Da auch die Wirkung der Intervention geschwächt wurde, kann das Preisniveau zeitweilig auch noch stärker sinken. Im einzelnen sehen die Regelungen vor, dass der Butterinterventionspreis in drei Schritten um jeweils sieben Prozent und in einem vierten Schritt um vier Prozent gesenkt wird, insgesamt also um 25 Prozent des heutigen Interventionsniveaus. Der Interventionspreis für Magermilchpulver wird in drei gleichen Schritten um insgesamt 15 Prozent zurückgefahren. Gleichzeitig erfolgt eine weitere Schwächung des Sicherheitsnetzes: Butter wird jeweils nur noch zwischen dem 1. März und dem 31. August eines Jahres übernommen, und die Mengen sinken von 70.000 Tonnen 2004 bis auf 30.000 Tonnen 2007. Bisher war der Butterankauf zeitlich und mengenmäßig unbegrenzt, allerdings wurden seit etwa zehn Jahren Zuschläge nur noch zu 90 Prozent des Interventionspreises erteilt. Diese 90 Prozent werden jetzt als fester Ankaufspreis für die genannten Mengen betrachtet. Bei Magermilchpulver bleibt es bei einer Interventionsmenge von 109.000 Tonnen pro Jahr, die jeweils vom 1. März bis 31. August zum vollen Interventionspreis angekauft werden können. Allerdings wird ja die EU am 1. Mai 2004 um zehn Länder erweitert, effektiv wächst also das Risiko eines Überschreitens dieser Grenze. Abgeschafft wird der Richtpreis für Milch, der seit vielen Jahren ohnehin nur noch für die Berechnung der Superabgabe Bedeutung hatte. Daher wurden die Superabgaben für jedes der kommenden Quotenjahre bis 2007/08 individuell festlegt. Sie werden etwa in gleicher Weise gesenkt wie das Stützungsniveau. Die Schwächung des Sicherheitsnetzes wird wohl dazu führen, dass Überschüsse in Zukunft nicht mehr in erster Linie zu Butter und Magermilchpulver, sondern auch zu anderen länger haltbaren Produkten verarbeitet werden, mit der Folge, dass auch die Preise für diese Produkte schwankungsanfälliger werden.

Noch mindestens elf Jahre Quotenregelung

Die Garantiemengenregelung bleibt bis 2014 erhalten. Die ursprünglich von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Erhöhungen der Milchanlieferungsquoten in der EU werden einstweilen nicht durchgeführt. Ebenso werden die Erhöhungen, die schon 1999 beschlossen wurden und am 1. April 2005 beginnen sollten, um ein Jahr nach hinten geschoben. Griechenland und Portugal wurden Zugeständnisse mit Erhöhungen ihrer nationalen Quoten gemacht, diese fallen indessen nicht sehr ins Gewicht.

Teilkompensation durch Direktzahlungen

Die vorgesehenen Direktzahlungen von bis zu 3,55 Euro je 100 Kilogramm Milch, bezogen auf die Referenzmengen, werden im günstigsten Fall lediglich ausreichen, um etwas mehr als die Hälfte des Milchpreisrückganges auszugleichen. Die zu erwartende Entkopplung kann aber in letzter Konsequenz dazu führen, dass die Milchprämien nicht in vollem Umfang bei den Milcherzeugern ankommen. Dies dürfte zu einem Rückgang der Quotenpreise beitragen. Der Strukturwandel, der sich in den letzten Jahren ohnehin beschleunigt hat, wird als Folge der Agrarreform und der Entkopplung noch rascher ablaufen.

Außenschutz und Exporte

Aus der Sicht des Marktes war man durchaus gut beraten, die schon beschlossene Erhöhung der Milchquoten gemäß der Agenda 2000 zu verschieben. Denn noch sind nicht alle Rahmenbedingungen klar: Die Verhandlungen über die Welthandelsorganisationen WTO sind noch im Gange, und weitere, möglicherweise unangenehme Überraschungen sind nicht auszuschließen. Dies betrifft vor allem den Schutz des Europäischen Marktes nach außen. Bei den Einfuhrzöllen und den Marktzugangsregelungen hängt die Wettbewerbsfähigkeit auf den Exportmärkten vom Inlandspreisniveau, der Höhe der Exporterstattungen und dem Wechselkurs des Euro ab. Die unangenehme Überraschung könnte darin bestehen, dass die Zollsenkungen stärker ausfallen als die internen Preissenkungen, und dann hätte der EU-Markt eine offene Flanke auf der Importseite. Auf Dauer ließe sich dann auch das ohnehin schon gesenkte Preisniveau nicht halten. Und beim Export mit Erstattungen ist mit weiteren Verringerungen der erlaubten Mengen und der hierfür erlaubten Geldmittel zu rechnen. Die Europäische Kommission und der Ministerrat waren in den Reformbeschlüssen bemüht, all dem im Voraus Rechnung zu tragen. Ob dies schon ausreicht, wird sich erst am Ende dieser Verhandlungen zeigen und hängt auch dann immer noch von der Stärke des Euros ab. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass die laufende WTO-Runde ohne Einigung scheitert. In den vergangenen Jahren hat die EU am Weltmarkt Marktanteile verloren, obwohl der Welthandel mit Milchprodukten gestiegen ist. Und diese Entwicklung wird sich wohl fortsetzen, wenn man davon ausgeht, dass es zu einem neuen WTO-Abschluss kommt. Die EU wird dann als Lieferant weiter an Bedeutung verlieren, da ihr durch die WTO-Vereinbarungen beim Export mit Erstattungen Fesseln angelegt werden. Und das Preisniveau der EU-Produkte wird, auch wenn es sinkt, zu hoch sein, um so viel ohne Erstattungen zu exportieren, wie es zur Marktentlastung notwendig wäre.

EU wächst weiter

Durch die Erweiterung der EU zum 1. Mai 2004 nimmt die Bevölkerung in der Gemeinschaft um 20 Prozent zu. Gleichzeitig steigt die Milcherzeugung um etwa 18 Prozent. Zwischen den derzeitigen EU-Ländern und den Beitrittsländern besteht ein erhebliches Wohlstandsgefälle. Daraus resultiert auch ein niedrigerer Milchverbrauch im Beitrittsgebiet. Zudem haben dort die Eigenversorgung mit landwirtschaftlichen Produkten und die Direktvermarktung eine wesentlich größere Bedeutung als in der heutigen Gemeinschaft. Durch den EU-Beitritt sind aber ein rasches Wirtschaftswachstum und steigender Wohlstand zu erwarten. Damit werden sich einerseits die dortigen Verzehrsgewohnheiten denen in den westlichen Nachbarländern angleichen, andererseits wird die Bedeutung der Landwirtschaft als Erwerbsquelle zurückgehen. Der Verbrauch von Milchprodukten und der Anteil von industriell bearbeiteten Produkten steigen. Länder, die heute noch mehr Milch erzeugen als sie verbrauchen, werden langfristig auf Importe angewiesen sein, um ihren Bedarf zu decken, da sie wegen Einführung der Quotenregelung die Produktion kaum steigern können. Längerfristig dürfte von der Osterweiterung der EU also ein positiver Einfluss auf den Milchmarkt ausgehen. Kurzfristig wird es unmittelbar nach der Erweiterung allerdings zu einem erhöhten Rohstoffangebot in den westlichen Nachbarländern kommen, und dies zu der Zeit mit dem saisonal höchsten Rohstoffangebot.

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