Verfassungsrichter: Bei Skandalen nicht sofort die Gesetzesmaschine anwerfen
Osnabrück (aho/lme) – Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Hans-Jürgen Papier, hat vor dem Hintergrund der Skandale um Gammelfleisch und Doping im Sport davor gewarnt, gesellschaftliche Probleme mit immer neuen Gesetzen lösen zu wollen. In einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Papier: „Den Menschen wird etwas vorgemacht, wenn nach jedem Skandal die Gesetzesmaschine angeworfen wird und so der Eindruck entsteht, man könne mittels Gesetzen und Bürokratie alle Probleme der Gesellschaft lösen.“ Das führe am Ende nur zu Politikverdrossenheit, weil sich dieses Versprechen nicht einlösen lasse und Politiker damit als unfähig oder unwillig dastünden. Papier sieht in Deutschland kein Gesetzes-, sondern ein wachsendes Vollzugsdefizit. „Wenn der Staat immer neue Aufgaben an sich zieht, resultiert daraus eine Flut von Vorschriften, die er aber mangels Personals in immer mehr Fällen nicht effektiv durchsetzen kann.“ Der oberste Verfassungshüter wendet sich gegen „den allzuständigen Fürsorgestaat“. Er halte nichts davon, dem Bürger eine Art Vollversicherung für alle Lebenslagen gewähren zu wollen, berichtet die Zeitung.