Humanmedizin: multiresistenter Escherichia coli-Stamm auf dem Vormarsch
Gießen (aho) – DZIF-Wissenschaftler an der Universität Gießen fanden einen Escherichia coli-Stamm, der sich seit 2010 in Deutschland rasant ausbreitet und gegen mehrere Antibiotika gleichzeitig unempfindlich ist. Wie die Forscher im Fachjournal Emerging Infectious Diseases (1) berichten, fanden sie diesen E. coli-Keim mit der Bezeichnung „ST131 CTX-M27“ ausschließlich in menschlichen Isolaten und konnten nachweisen, dass seine Häufigkeit von 0 % im Jahr 2009 auf 45 % 2016 gestiegen ist. Der Erreger führt besonders in Krankenhäusern zu schwer behandelbaren Infektionen, da er gegen mehrere Antibiotika gleichzeitig unempfindlich ist.
„Wir müssen besonders eine Untergruppe eines multiresistenten E. coli-Bakteriums im Blick behalten, die wir in unserer aktuellen Studie gefunden haben“, erklärt Prof. Trinad Chakraborty, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie an der JLU in Gießen und Koordinator am DZIF-Standort Gießen-Marburg-Langen. Diese Untergruppe breitet sich momentan weltweit aus und wurde nun auch in Deutschland gefunden.
Hintergrund
Escherichia coli, kurz E. coli genannt, gehört zu den Gram-negativen Enterobakterien, die vor allem im menschlichen Darm zu Hause sind. Einige Stämme können Infektionen auslösen, wenn sie in den übrigen Körper gelangen. Insbesondere bei geschwächten Patienten kann es zu Blutstrominfektionen, Wund- oder Harnwegsinfekten kommen. Ihre Behandlung wird zunehmend schwerer, denn im Kampf gegen Antibiotika haben E. coli-Bakterien und andere Enterobakterien einen Abwehrmechanismus entwickelt: Sie bilden Enzyme aus, die Antibiotika unwirksam machen können: die sog. Beta-Laktamasen mit erweitertem Spektrum (ESBL). Durch ihren Mechanismus werden die bakteriellen Erreger multiresistent und sind in Kliniken besonders gefürchtet.
Anm. d. Red.: Der hohe Antibiotikaeinsatz in der Humanmedizin selektiert ständig neue resistente Keime, die schließlich und endlich insbesondere über Kläranlagen und Patienten in die Umwelt gelangen. Landwirte sollten kritisch prüfen, ob sie Oberflächenwasser zur Bewässerung ihrer Felder oder für Reinigungsarbeiten einsetzen. Insbesondere wenn am Oberlauf Einleitungen aus Klärwerken erfolgen, ist höchste Vorsicht geboten. Ähnliche gilt für Flächen wie Weiden, die bei hohen Wasserständen überschwemmt werden.
Ein jegliches Erscheinen von antibiotikaresistenten Keimen aus der Humanmedizin in Tierbeständen würde von der Laienpresse und ebenso laienhaft informierten Politikern umgehend mit dem therapeutischen Einsatz von Antibiotika in Verbindung gebracht. Besondere Vorsicht sollten solche Landwirte walten lassen, die Gemüse und Obst anbauen, welches roh verzehrt wird.
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