Großbritannien verbietet Antibiotikawerbung bei Landwirten

London (aho) – Ab 2013 dürfen in Großbritannien bei Landwirten keine Werbung mehr für Antibiotika gemacht werden. Die britische Regierung setzt damit eine EU-Direktive um, die die Werbung für bestimmte Arzneimittelgruppen in der Öffentlichkeit verbietet.
Während sich die Industrie enttäuscht äußerte, begrüßten die britischen Tierärzte die Entscheidung. Der Vorsitzende der British Veterinary Association (BVA) Peter Jones sagte, dass die zum Teil massive Werbung für Antibiotika die Tierärzte unter Druck setze. Die Landwirte verlangten nach den neuen Produkten, die in der Werbung bessere Ergebnisse versprächen. Dabei würde oft Gesichtspunkte wie ein verantwortlicher Umgang mit Antibiotika außer Acht gelassen.

Pfizer Tiergesundheit bringt den EU-weit ersten E. Coli-Impfstoff zur Sprühapplikation bei Geflügel auf den Markt

Sprühapplikation
Paris (pm) – Pfizer Tiergesundheit kündigt die Markteinführung von Poulvac E. coli, dem ersten EU-weit zugelassenen und für die Sprühapplikation entwickelten Impfstoff gegen aviäre pathogene Escherichia coli (APEC) für die Geflügelindustrie an.

Der neue Impfstoff basiert auf einem europäischen E. coli-Isolat und bewirkt nachweislich einen breiten Schutz gegen Infektionen mit in dieser Region vorhandenen Feldstämmen des Bakteriums. Der Impfstoff kann ab dem ersten Lebenstag verabreicht werden und erzeugt – wie Studien gezeigt haben – eine starke Immunantwort, welche die Mortalität bis zu 12 Wochen reduziert.1-4 Die Wartezeit nach der Impfung beträgt null Tage. Die Notwendigkeit einer Auffrischungsimpfung hängt vom lokalen Infektionsdruck sowie von der Risikobeurteilung ab und kann mit dem betreuenden Tierarzt abgesprochen werden.

Dieser Impfstoff ist der erste wirksame Impfstoff für die Massenimpfung von Geflügelbeständen, um die oftmals verheerenden E. coli-Infektionen bei diesen Tieren zu verhindern. Das Produkt stellt eine absolute Neuheit am Markt dar und ist der erste Impfstoff, der mittels grobdispersem Sprühnebel verabreicht wird.

Der neue Impfstoff bietet sowohl Produzenten als auch Tierärzten eine innovative Option zur Prävention von E. coli-Infektionen, wie Erik Uyttebroek, Marketing Director bei Pfizer Poultry EuAfME, erklärt:

„Den Legebetrieben stehen heute nur sehr wenige wirksame Antibiotika zur Verfügung, die keine schädlichen Rückstände in Eiern hinterlassen. Tatsächlich gibt es in manchen Ländern überhaupt keine zugelassenen Antiinfektiva, die bei Legehennen zur Behandlung erkrankter Tiere verwendet werden können. Für alle diese Betriebe steht mit Poulvac E. coli nun ein effizientes Mittel zur Kontrolle von APEC-Infektionen zur Verfügung. Dies verbessert nicht nur die Gesundheit der Tiere, sondern dient auch dem Tierschutz.”

Hr. Uyttebroek ist überzeugt, dass der neue Impfstoff besonders für den Schutz teurer, zur Remontierung und Zucht bestimmter Legehennen von Nutzen ist, da diese eine relativ lange Lebensspanne aufweisen.

„Dies ist der erste modifizierte Lebendimpfstoff gegen APEC, der in der Europäischen Union auf den Markt kommt, und der erste Impfstoff, der direkt auf den zu schützenden Geflügelbestand appliziert wird, sodass ein Impfen der Zuchttiere bzw. das Verlassen auf maternale Antikörper obsolet werden.”

„Manche Produzenten haben versucht, ihre Bestände mithilfe von Autovakzinen gegen APEC zu schützen, doch ist die Verabreichung von Injektionen an Einzeltiere weit entfernt davon, eine ideale Methode darzustellen. Dazu kommt, dass diese Impfungen bei manchen Tieren auch unerwünschte Reaktionen auslösen. Poulvac E. coli ist eine wirksame und weniger arbeitsintensive Alternative”, betonte Hr. Uyttebroek.

Poulvac E. coli ist für Geflügelproduzenten in den USA seit mehr als zwei Jahren verfügbar und auch in einigen lateinamerikanischen Ländern zugelassen.

APEC ist ein opportunistischer Infektionserreger, der in der Regel immunsupprimiertes oder gestresstes Geflügel, z. B. nach primären Atemwegsinfekten, befällt. APEC gilt weltweit als anerkannte Ursache beträchtlicher finanzieller Verluste in der Geflügelindustrie.

Boehringer Ingelheim eröffnet mit Europäischem Forschungszentrum für Tierimpfstoffe in Hannover den vierten deutschen Standort

Ingelheim/Hannover (BI)  – Boehringer Ingelheim hat heute in Hannover sein Europäisches Forschungszentrum für Tierimpfstoffe und damit den vierten deutschen Standort eröffnet. Mehr als 40 Millionen Euro hat das forschende Pharmaunternehmen in das „Boehringer Ingelheim Veterinary Research Center“ (BIVRC) investiert. Derzeit arbeiten bereits 50 Mitarbeiter daran, innovative Impfstoffe für Nutztiere zu entwickeln. Bis 2016 sollen insgesamt 80 hoch qualifizierte Wissenschaftler, Laborkräfte und Tierpfleger im BIVRC tätig sein.

Die Tiergesundheit ist für uns von grundsätzlich strategischer Bedeutung und hat 2011 mit rund einer Milliarde Euro signifikant zum Gesamtumsatz des Unternehmens beigetragen“, erklärte Hubertus von Baumbach, in der Unternehmensleitung von Boehringer Ingelheim verantwortlich für Finanzen und Tiergesundheit.  Mit dem neuen Standort in Hannover habe das Unternehmen einen weiteren, strategisch wichtigen Meilenstein, die Etablierung der Erforschung und Entwicklung von Tierimpfstoffen in Europa, gesetzt.

„Wir sind sehr glücklich, mit Hannover unseren vierten deutschen Standort zu eröffnen. Boehringer Ingelheim investiert damit erneut nachhaltig in den Wissenschaftsstandort Deutschland“, betonte Dr. Engelbert Günster, Landesleiter Deutschland von Boehringer Ingelheim. Das Unternehmen ist in Deutschland bereits in Ingelheim am Rhein, Biberach an der Riss und Dortmund vertreten.

„Wir freuen uns, dass sich mit Boehringer Ingelheim ein international renommiertes Pharmaunternehmen in Niedersachsen ansiedelt, das unseren Forschungssektor stärkt und die Region als attraktiver Arbeitgeber bereichert“, erläuterte Jörg Bode, niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. „Boehringer Ingelheim wird in Hannover innovative Impfstoffe für Nutztiere erforschen und entwickeln. Die Eröffnung des Forschungszentrums ist damit ein wichtiger Schritt für den Wissenschafts- und Wirtschaftstandort Hannover und gleichzeitig wertvoll für die Landwirtschaft“, ergänzte Stephan Weil, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt.

Impfstoffe werden zur Prävention von Erkrankungen eingesetzt,  wodurch die Gabe von Antibiotika vielfach reduziert werden kann. Dies ist aktiver Verbraucherschutz, denn eine verringerte Antibiotikabehandlung von Nutztieren reduziert das Risiko von Resistenzbildung und führt zu einer Verbesserung der Qualität von Lebensmitteln tierischen Ursprungs.  „Vorbeugen ist besser als heilen. Mit unserem Fokus auf der Erforschung und Entwicklung von Impfstoffen setzen wir daher auf nachhaltige Methoden zur Gesunderhaltung der Tiere“, betonte Dr. Randolph Seidler, Leiter der weltweiten Forschung und Entwicklung in der Tiergesundheit von Boehringer Ingelheim.

In Hannover hat Boehringer Ingelheim ein modernes Forschungszentrum mit mehr als 50 Laboratorien und einer daran angeschlossenen Tierhaltung errichtet. Das Familienunternehmen baut seine Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Bereich Tierimpfstoffe für Nutztiere damit international erheblich aus. Weltweit erforscht und entwickelt das Unternehmen an Standorten in den USA, Deutschland, Mexiko, China und Japan Medikamente für die Tiergesundheit. Hierfür investiert Boehringer Ingelheim kontinuierlich mehr als zehn Prozent der Erlöse des Bereichs Tiergesundheit in Forschung und Entwicklung.

Boehringer Ingelheim

Der Unternehmensverband Boehringer Ingelheim zählt weltweit zu den 20 führenden Pharmaunternehmen. Mit Hauptsitz in Ingelheim, Deutschland, ist Boehringer Ingelheim weltweit mit 145 verbundenen Unternehmen vertreten und beschäftigt insgesamt mehr als 44.000 Mitarbeiter. Die Schwerpunkte des 1885 gegründeten Unternehmens in Familienbesitz liegen in der Forschung, Entwicklung, Produktion sowie im Marketing neuer Medikamente mit hohem therapeutischem Nutzen für die Humanmedizin sowie die Tiergesundheit.

Für Boehringer Ingelheim ist die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung ein wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur. Dazu zählt das weltweite Engagement in sozialen Projekten ebenso wie der sorgsame Umgang mit den eigenen Mitarbeitern. Respekt, Chancengleichheit sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bilden dabei die Basis des Miteinanders. Bei allen Aktivitäten des Unternehmens stehen zudem der Schutz und Erhalt der Umwelt im Fokus.

Im Jahr 2011 erwirtschaftete Boehringer Ingelheim Umsatzerlöse von rund 13,2 Mrd. Euro. Die Aufwendungen für Forschung & Entwicklung im Geschäftsfeld der verschreibungspflichtigen Medikamente entsprechen 23,5 Prozent der dort erzielten Umsatzerlöse.

6. Experten-Roundtable von Bayer zu Strategien gegen Antibiotikaresistenzen Verantwortungsvoller Umgang bei der Verschreibung und Anwendung von Antibiotika

Große Verantwortung für alle Beteiligten: die 16. AMG-Novelle / Innovationen für Tierarzneimittel müssen sich lohnen, sonst finden sie nicht statt / Konzertierte Aktion von Tierhaltern, Tierärzten, Industrie, Gesetzgeber und Überwachung erforderlich

Leverkusen (Bayer) – „Strategien gegen Antibiotikaresistenzen: Wirkung mit Nebenwirkungen“ lautete das Thema des 6. Experten-Roundtables, zu dem Thomas Steffens, Leiter der Division Tiergesundheit von Bayer HealthCare Deutschland Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Verbänden und Behörden begrüßen konnte. Unter der Leitung von Professor Dr. Johanna Fink-Gremmels, Universität Utrecht, diskutierten die über 80 Teilnehmer engagiert und konstruktiv über Maßnahmen, wie die Wirksamkeit von Antibiotika dauerhaft für die Therapie von bakteriellen Infektionen erhalten werden kann.

Große Verantwortung für alle Beteiligten: die 16. AMG-Novelle

Dr. Undine Buettner-Peter, zuständige Referatsleiterin im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), stellte zu Beginn den aktuellen Stand des Gesetzesvorhaben dar, mit dem zusätzliche Ermächtigungen für Regelungen zum Antibiotikaeinsatz bei Tieren geschaffen werden sollen (16. AMG-Novelle). Der Gesetzentwurf soll im Herbst im parlamentarischen Verfahren zwischen Bundestag und Bundesrat beraten werden.

„Kernstück der 16. AMG-Novelle ist ein betriebliches Antibiotikaminimierungskonzept“, erklärte Dr. Undine Buettner-Peter. Dieses Konzept wende sich gleichermaßen an Tierhalter, Tierärzte und die Überwachung. Nach den derzeitigen Vorstellungen sollen Tierhalter, die Lebensmittel liefernde Tiere zu Zwecken der Mast halten, verpflichtet werden, der zuständigen Behörde Daten über die Antibiotikaanwendung mitzuteilen, aus der die betriebsindividuelle Therapiehäufigkeit ermittelt wird. Entsprechende Durchschnittswerte auf Bundesebene sollen dem Halter für die jeweilige Tierart als Benchmark dienen. Falls der betriebsindividuelle Einsatz höher liege als diese Vergleichswerte, müssten die Betriebe Maßnahmenpläne zu Antibiotikareduzierung ergreifen, auf die die zuständige Behörde Einfluss nehmen könne und deren Umsetzung sie kontrollieren müsse.

Für Tierärzte, so Buettner-Peter, bringe die Novellierung des AMG eine stärkere Einbindung, aber auch große Verantwortung mit sich. Sollte das Gemeinwohl es erfordern, so die Referatsleiterin, könne die Therapiefreiheit per Verordnung eingeschränkt werden: „Für den Tierarzt bedeutet die Novelle eine striktere Bindung an die Antibiotikaleitlinen.“

Bisher seien die Entscheidungen der Tierärzte kaum kontrollierbar gewesen, deshalb würden in der AMG-Novelle weitreichende Ermächtigungen gemacht. So könne der Tierarzt nach Inkrafttreten der Gesetzesnovelle per Verordnung verpflichtet werden, ein Antibiogramm zu erstellen, wenn der Wirkstoff gewechselt oder wiederholt angewendet wird. In die gleiche Richtung ziele auch eine Ermächtigung, mit der die Umwidmung von Antibiotika eingeschränkt werden soll.

„Innovation muss sich lohnen, sonst wird Innovation nicht stattfinden“
unterstrich Professor Dr. Michael Londershausen, Leiter des Ressorts Entwicklung der global agierenden Division Animal Health von Bayer HealthCare, und forderte bessere Rahmenbedingungen für die forschenden Tierarzneimittelhersteller. Um heute und in Zukunft wirksame Antibiotikatherapien zu ermöglichen, sei eine konzertierte Aktion von Tierhaltern, Tierärzten, Industrie, Gesetzgeber und Überwachung erforderlich. Tierhalter seien gefordert, durch ständige Optimierung ihres Betriebsmanagements einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von bakteriellen Infektionen und damit des Antibiotikaeinsatzes zu leisten.

Im Mittelpunkt der Anstrengungen sieht Londershausen die Tierärzte, die im Rahmen von Behandlungen eine medizinisch sinnvolle Auswahl des Antibiotikums vornehmen müssten. Tierärzte seinen dafür gut ausgebildet, Ihnen müssten aber auch wirksame Produkte zu Verfügung stehen. „Auf keinen Fall darf das im Vergleich zur Humanmedizin ohnehin begrenzte Antibiotikarepertoire in der Veterinärmedizin nicht auch noch unnötig eingeschränkt werden. Denn der Resistenzdruck steigt je weniger verschiedene Antibiotika zur Verfügung stehen“ so der Entwicklungsleiter.

Bayer unterstütze die zunehmenden Anforderungen in der Zulassung, solange sie fachlich sinnvoll sind. Er betonte aber zugleich, dass die forschenden Pharmaunternehmen mehr Zeit bräuchten, bevor Generikahersteller Nachahmerprodukte auf den Markt bringen können. Am Beispiel der Humanmedizin, wo die meisten Firmen bereits aus der Antibiotikaforschung ausgestiegen sind, machte Londershausen deutlich, dass die Forschungsanstrengungen im Bereich der Antibiotika zwangsläufig abnähmen, wenn kein ausreichender Datenschutz gewährleistet wird. Im Rahmen der anstehenden Überarbeitung der europäischen Gesetzgebung für Tierarzneimittel sei deshalb eine Datenschutzverlängerung äußerst wichtig, um den zunehmenden Auflagen und wesentlich verlängerten Entwicklungszeiten gerecht zu werden.

Londershausen betonte, dass das Primat der Zulassung durch die 16. AMG-Novelle nicht aufgeweicht werden dürfe. „Bei Investitionen von mehr als 60 Mio € für die Überprüfung von Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit eines neuen Antibiotikums ist die Industrie auch auf verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen für die Vermarktungsphase nach der Zulassung angewiesen.“ betonte Londershausen.

„Erst Diagnose, dann Antibiose“ forderte Dr. Rainer Schneichel, Vizepräsident des Bundesverbands praktizierender Tierärzte (bpt), und betonte zugleich, dass der komplexen Resistenzthematik nur mit Sachverstand und fachlicher Kompetenz begegnet werden könne. Dabei sei die Labordiagnostik zur Identifizierung der Leitkeime und zur Feststellung möglicher Resistenzen zukunftsweisend. Allerdings, räumte Schneichel ein, könnten die Epidemiologie, der Immunstatus der Tiere sowie die klinischen Untersuchungen und Erfahrungen des Tierarztes damit nicht ersetzt werden.

Zurzeit bestehe noch Verbesserungspotenzial, dass es in enger Abstimmung zwischen Forschung, Praxis und Untersuchungsinstituten schnell aufzuarbeiten gelte. So unterscheiden sich häufig in vivo- von in vitro-Ergebnissen. „Der therapeutische Erfolg widerspricht oft den Laborergebnissen“, betonte Schneichel, „hier brauchen wir für die Praxis besser nutzbare Ergebnisse, bevor eine Vorgehensweise per Verordnung auferlegt wird, die uns in der Praxis nicht nütze.“

So sei bei bestimmten Erregern, wie Haemophilus parasuis, die Identifizierung des Keims und ein Antibiogramm nur sehr schwer möglich, sagte Schneichel und stellte einen großen Forschungsbedarf hinsichtlich geeigneter Diagnostikverfahren fest. Bei komplexen Krankheitsgeschehen wie der Rindergrippe gebe es oft auch keine klaren Aussagen.

Problematisch sei auch die zeitliche Verfügbarkeit vieler Labore. „Vor dem Hintergrund von Antibiotikaresistenzen ist es sehr wichtig, dass die Ergebnisse der Resistenztests frühzeitig vorliegen“, betonte Schneichel. Eine zeitnahe Vorgehensweise sei ansonsten kaum möglich. In der Praxis könne das durchaus bedeuten, dass der Tierarzt auf diese Weise mit den Antibiotikaleitlinien kollidiere.

Die Standards sind gut, weitere Optimierungen notwendig

Eine umfassende Prozess- und Herkunftssicherung von der Erzeugung über die Verarbeitung bis zur Vermarktung – so formuliert Dipl.-Ing. agr. Brigitte Wenzel vom Deutschen Bauernverband das Ziel der QS-Datenbankbetreiber. Alle Landwirte hätten ein ehrliches Interesse an Transparenz und daran, ihr Betriebsmanagement zu optimieren. Die Diskussion um Antibiotikaresistenzen habe den Einsatz von Antibiotika bei Lebensmittel liefernden Tieren in Misskredit gebracht. Dabei sei der Landwirt nicht nur verpflichtet, sein Eigentum zu schützen und kranke Tiere aus Tierschutzgründen behandeln zu lassen. Er müsse auch dafür Sorge tragen, dass gesunde Tiere qualitativ hochwertige Lebensmittel lieferten.

Über die QS Qualität und Sicherheit GmbH hat die Geflügelwirtschaft zum 1. April 2012 ein Antibiotikamonitoring umgesetzt. Kernstück ist eine zentrale Datenbank, in der alle Antibiotikaverschreibungen in den Geflügel haltenden Betrieben erfasst werden. Seit dem 1. September 2012 erstreckt sich das Monitoring auch auf Schweinemastbetriebe.

„Wir brauchen genaue Informationen, um den Einsatz von Antibiotika auf der einzelbetrieblichen Ebene nicht einfach zu reduzieren, sondern zu optimieren. Dies kann nur in enger Zusammenarbeit mit Tierarzt und Tierhalter geschehen“, führte Wenzel aus. „Alle Interessengruppen engagieren sich, denn nur zusammen können wir eine stufenübergreifende Qualitätssicherung leisten“, betonte Wenzel. Die Landwirtschaft sei froh, verlässliche Daten über die Ist-Situation zu erhalten. „Auf dieser Grundlage müssen jetzt die richtigen Schlussfolgerungen gezogen werden“, sagte Wenzel. „Doppel- und Dreifachmeldungen sollten hingegen vermieden werden“ betonte sie.

Erfolgreiches Beratungssystem lässt von gesunden Tieren auf gesunde Lebensmittel schließen

Ein Pilotprojekt, das die Tiergesundheit und damit auch die Qualität der Schweinefleischerzeugung verbessert, ist in Nordrhein-Westfalen erfolgreich gestartet. Wichtiges Werkzeug sei eine zentrale Datenbank, die eine stufenübergreifende Information für alle Beteiligten sichert, erklärte Dr. Bernhard Schlindwein vom Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV).

Anhand von Checklisten wird zunächst der Hygienestatus vor Ort untersucht und die Betriebe werden kategorisiert. Anschließend wird mithilfe von Blut- und Kotproben der Tiergesundheitsstatus erhoben. Parallel erhalten die Tiere Ohrmarken. So wird die Voraussetzung geschaffen, um die gleichen Tiere noch zweimal im Mastdurchgang untersuchen zu können. „Die Tierärzte vor Ort sind der Schlüssel zum Erfolg“, steht für Schlindwein außer Frage.

Ein Abholservice der Tierseuchenkasse ermöglicht schnell und unbürokratisch Sektionen von erkrankten Tieren sowie bakteriologische Untersuchungen. Informationen über die Haltungsbedingungen vor Ort, zum Beispiel mithilfe von Klimamessungen und Lüftungsüberprüfungen, runden das Profil ab. „Wir erhalten Kenntnis von Status- und Verlaufsuntersuchungen, können Impfkonzepte anpassen und verbrauchen insgesamt weniger Medikamente“, bilanzierte Schlindwein zufrieden.

In der lebhaften Diskussion, die von Professor Fink-Gremmels souverän moderiert wurde, wurde von allen Seiten ein hohes Verantwortungsbewusstsein deutlich und das Interesse, unnötigen Antibiotikaeinsatz sowie die Ausbreitung resistenter Erreger zu vermeiden. Nicht die Frage „ob?“, so Prof. Fink-Gremmels, sondern „was können wir tun?“, prägte die konstruktive Haltung des 6.Experten-Roundtable. Professor Fink-Gremmels ermunterte dazu, nicht in Aktionismus zu verfallen, sondern klar zu kommunizieren, was fachlich möglich und sinnvoll ist.

Bayern verstärkt Kampf gegen Antibiotika-Missbrauch in Human- und Veterinärmedizin

München (stmug) – Bayern begrüßt den heute von Bundesagrarministerin Ilse Aigner vorgelegten Gesetzentwurf zu Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes. „Das neue Arzneimittelgesetz wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Antibiotika-Einsatz deutlich zu senken. Der Bund kann auf die Unterstützung Bayerns zählen“, betonte der Bayerische Gesundheitsminister Dr. Marcel Huber.

Huber setzt auch auf eine verstärkte Sensibilisierung der Bevölkerung für die Thematik: „Wir dürfen nicht bei der Zählung der verkauften Antibiotika aufhören. Es braucht einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft. Nicht jede Krankheit muss mit Antibiotika behandelt werden – das schließt auch die Humanmedizin ein.“ Deshalb müssten auch bundesweit in der Humanmedizin weitere Maßnahmen umgesetzt werden. So fordert Bayern das Bundesgesundheitsministerium auf, die im vergangenen Jahr mit der Novelle des Infektionsschutzgesetzes neu festgeschriebene Kommission „Antiinfektiva, Resistenz und Therapie“ umgehend einzurichten. Deren Ziel ist es, auf Bundesebene Empfehlungen u. a. zum Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin zu erarbeiten.

Um die Wirksamkeit von Antibiotika bei der Behandlung von Krankheiten zu erhalten, setzt Bayern auf ein breites Bündnis. Dazu haben sich 17 Vertreter aus Human- und Veterinärmedizin, Pharmazie, Agrarwirtschaft und Verbrauchervereinigungen zusammengeschlossen und ein gemeinsames Positionspapier entwickelt. Gemeinsames Ziel ist, einen übermäßigen und unsachgemäßen Einsatz von Antibiotika zu vermeiden, um somit die Entstehung von Resistenzen zu vermeiden. „Antibiotika sind unverzichtbar, denn sie heilen Krankheiten bei Mensch und Tier. Ihre Wirksamkeit müssen wir auch in Zukunft erhalten“, so Huber. „Wir wollen die Bildung von Resistenzen bereits im Vorfeld vermeiden: Nicht jede Erkältung muss mit einem Antibiotikum behandelt werden. Wer Tiere artgerecht hält und ein umfassendes Betriebsmanagement konsequent anwendet, kann den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung ebenfalls deutlich reduzieren.“

Das bayerische Bündnis gegen Antibiotikaresistenzen umfasst alle Lebensbereiche, von der Prävention bis zur Behandlung von Krankheiten, von der Tierhaltung bis zur Produktion von Lebensmitteln. Huber: „In dieser Breite ist unser Bündnis deutschlandweit einmalig.“ Das gemeinsame Positionspapier der Bündnispartner „Konsensusstatement zur nachhaltigen Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen“ sieht verschiedene Maßnahmen aus dem Bereich Veterinär- und Humanmedizin und Lebensmittelwirtschaft vor. Schon ein gutes Betriebshygienemanagement könnte helfen, den Bedarf einer Behandlung mit Antibiotika zu verringern. Zudem ist ein gutes Hygienemanagement in medizinischen Einrichtungen unerlässlich, um Infektionen vorzubeugen und damit den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren. Das Positionspapier wird morgen auf einem Interdisziplinären Symposium Antibiotikaresistenz in Erlangen offiziell vorgestellt.

Bundesregierung: Staatliche Datenbank soll Antibiotikaanwendung dokumentieren; Überwachung erleichtern

Berlin (aho) – Der Einsatz von Antibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung soll reduziert werden. Das Bundeskabinett beschloss hierzu eine entsprechende Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG). Durch den Aufbau einer zentralen Datenbank der Länder soll der Antibiotikaeinsatz ab 2013 stärker erfasst und kontrolliert werden. Für Wirkstoffe, die bei der Behandlung von Menschen eine besonders große Rolle spielen, soll ein Verbot geprüft werden. Für das Projekt werden Kosten in Höhe von 22 Millionen Euro an Verwaltungsaufwand kalkuliert.

„Die Verschärfung des Arzneimittelgesetzes setzt an den entscheidenden Stellen an, um den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung wirksam zu reduzieren. Diese Reform wird ihr Ziel nicht verfehlen“, sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner am Mittwoch in Berlin. Es handele sich um eine der tiefgreifendsten und ehrgeizigsten Reformen der Tierarzneimittel-Gesetzgebung. „Wir können den Einsatz von Antibiotika in Deutschland innerhalb weniger Jahre deutlich senken, wenn die Länder und der Bund an einem Strang ziehen. Wir müssen alles daran setzen, dem übermäßigen Einsatz von Tierarzneimitteln Einhalt zu gebieten. Das geht nur, wenn wir das Problem an der Wurzel packen – und zwar vor Ort in jenen Betrieben, in denen es nötig ist.“

Bei der tiefgreifenden Novelle des AMG wurden vielfältige Anregungen und Hinweise der Bundesländer aufgenommen. Das Gesetz kann nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens voraussichtlich im Frühjahr 2013 in Kraft treten.

Kernstück der Gesetzesnovelle ist ein Antibiotika-Minimierungskonzept: Es ermöglicht den Überwachungsbehörden, die Behandlungshäufigkeit mit Antibiotika in einem Betrieb zu beurteilen und mit anderen Betrieben zu vergleichen. Auf dieser Grundlage kann der Tierhalter zu erforderlichen Prüfungen und Maßnahmen verpflichtet werden – auch im Zusammenwirken mit dem Tierarzt- und der Überwachungsbehörde. Ziel ist es, den Einsatz von Antibiotika auf das wirklich therapeutische Mindestmaß zu reduzieren.

Die Länder erhalten die Möglichkeit, eine bundeseinheitliche amtliche Datenbank zur Erfassung und Verarbeitung der Daten zur Therapiehäufigkeit aufzubauen: Die zuständigen Überwachungsbehörden können damit erstmals umfassend und zentral Einsicht nehmen in die Daten zur Therapiehäufigkeit bei landwirtschaftlichen Nutztieren in einzelnen Betrieben, ohne dass die Behörden den Betrieb vor Ort kontrollieren müssen. Der Gesetzentwurf ermöglicht es den zuständigen Behörden der Länder somit, ihren Überwachungsaufgaben noch besser nachzukommen. Auch bisher schon war es allerdings den Behörden durch bestehende Dokumentationspflichten möglich, bei Tierärzten wie Landwirten den Bezug, die Anwendung sowie die Abgabe von Antibiotika abzufragen und zu Kontrollzwecken zu nutzen. Mit der AMG-Novelle werden diese Möglichkeiten nun erheblich ausgeweitet und beschleunigt: Tierärzte müssen den Überwachungsbehörden auf Anforderung innerhalb kürzester Fristen alle entscheidenden Daten übermitteln. Zudem wird der Informationsaustausch zwischen den Behörden grundlegend verbessert.
Um die Wirksamkeit von bestimmten Antibiotika, die für die Humanmedizin von besonderer Bedeutung sind, nicht zu gefährden, werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, bei diesen Stoffen die Umwidmung zur Behandlung von Tieren einzuschränken. Wird ein Antibiotikum in einem Betrieb ohne ausreichenden Behandlungserfolg eingesetzt, muss künftig vor dem Wechsel auf einen anderen Wirkstoff zuerst der Erreger und dessen Empfindlichkeit gegen den Wirkstoff eindeutig durch eine Laboruntersuchung bestimmt werden (sog. Antibiogramm).
„Ich will ausdrücklich klarstellen, dass der Einsatz von Antibiotika zur Wachstumsförderung ebenso verboten ist wie der präventive Einsatz – und zwar bereits seit Jahren. In Deutschland gelten bereits jetzt strenge Gesetze und Vorschriften für die Anwendung von Antibiotika in der Tierhaltung. Verstöße sind nicht tolerabel und müssen von den Behörden vor Ort konsequent geahndet werden“, betonte Aigner. Mit der 16. AMG-Novelle sorgt die Bundesregierung dafür, dass die zuständigen Landesbehörden ihre Überwachungsaufgaben in Zukunft noch wirksamer und schneller erfüllen können. Aigner „Der Bund setzt hierfür den Rechtsrahmen – die Länder sind vor Ort für die Überwachung der Betriebe zuständig.“

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick

  • Sowohl die Behörde als auch der Tierhalter hat künftig die Möglichkeit, die Therapiehäufigkeit in einem Betrieb gegenüber bundesweit erhobenen Daten zur Therapiehäufigkeit zu vergleichen. Durch den Vergleich mit bundesweiten Kennzahlen wird klar erkennbar werden, wie dringlich eine Verminderung des Antibiotika-Einsatzes im einzelnen Betrieb ist.
  • Die zuständige Behörde erhält eine Reihe von Befugnissen für den Fall, dass ein Betrieb über bundesweiten Kennzahlen liegt und aus eigener Initiative keine wirksame Minimierung betreibt. So kann die Behörde vor Ort konkrete Maßnahmen zur Verringerung der Anwendung von Antibiotika anordnen, wie etwa detaillierte Vorgaben zur Haltung der Tiere machen.
  • Es wird die Grundlage dafür geschaffen, die der Behörde zu meldenden Daten über die Therapiehäufigkeit in einer einheitlichen behördlichen Datenbank zentral zu erfassen und zu bearbeiten.
  • Es wird eine Kontrollverpflichtung für Tierhalter, die bestimmte Lebensmittel liefernde Tiere gewerblich halten, geschaffen. Sie müssen – im Zusammenwirken mit ihrem Tierarzt – die Therapiehäufigkeit überprüfen und, wenn diese höher liegt als die bundesweit ermittelte Kennzahl für den Betriebstyp, den Einsatz minimieren. Darüber hinaus können sie verpflichtet werden, Maßnahmen zur Verbesserung der Hygiene, der Gesundheitsvorsorge oder der Haltungsbedingungen zu ergreifen, wenn sich dies positiv auf den Antibiotikaeinsatz auswirkt.
  • Tierärzte und Tierhalter werden verpflichtet, auf Ersuchen der Überwachungsbehörden der Bundesländer Daten zur Abgabe und Anwendung von Antibiotika zusammengefasst zu übermitteln. Damit werden Kontrollen für die Überwachung vereinfacht und beschleunigt
  • Für Antibiotika, die auch in der Humanmedizin besonders bedeutend sind, werden die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, die Umwidmung einzuschränken.
  • Es wird eine Ermächtigung geschaffen, um z.B. beim Wechsel eines Antibiotikums und bei einer eventuell erforderlichen Umwidmung die Erstellung eines sogenannten „Antibiogramms“, also einer Laboruntersuchung über die Wirksamkeit eines Antibiotikums, verpflichtend vorzuschreiben.
  • Eine weitere Ermächtigung dient dazu vorzuschreiben, dass die mit der Zulassung bestimmter Antibiotika in der Packungsbeilage festgelegten Anwendungsbestimmungen für den Tierarzt verbindlich zu machen. Dies ist z.B. bei oral anzuwendenden Antibiotika wichtig.

Der Informationsaustausch zwischen den Behörden wird deutlich verbessert: Behörden, die Betriebe zum Beispiel im Bereich Tierschutz und Lebensmittelhygiene kontrollieren, werden auf Ersuchen verpflichtet, Daten und Erkenntnisse, die auf einen Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften hindeuten, an die für Tierarzneimittelüberwachung zuständigen Stellen weiterzuleiten.

Transparenz beim Antibiotika-Einsatz: Bundestierärztekammer zum Beschluss des Bundeskabinetts zur Änderung des Arzneimittelgesetzes


Berlin (BTK) – Das Bundeskabinett hat heute einen Gesetzentwurf beschlossen, der Daten darüber liefern soll, in welchen tierhaltenden Betrieben zu große Mengen an Antibiotika eingesetzt werden. Die Bundestierärztekammer begrüßt diesen Beschluss, da er zu einer Minimierung des Antibiotikaeinsatzes führen soll und so einen Beitrag zur Vermeidung von Resistenzentwicklungen leisten kann.

Im Wesentlichen sieht der Gesetzentwurf eine staatliche Datenbank vor, die die „Therapiehäufigkeit“ in Mastbetrieben messen soll, ein verpflichtendes Minimierungskonzept vom behandelnden Tierarzt bei Überschreiten einer Kennzahl und Ermächtigungen, mit denen die Therapiefreiheit der Tierärzte eingeschränkt werden kann. „Dass in Betrieben mit zu hohem Antibiotikaverbrauch gezielt mit tierärztlicher Hilfe gegengesteuert werden soll, ist eine gute Maßnahme. Sie entspricht einem Vorschlag, den wir schon im November 2011 in unserem Antibiotika-Minimierungskonzept entworfen haben“, erklärt Dr. Uwe Tiedemann, Vizepräsident der Bundestierärztekammer.

Leider greift die Datenbank, die die Bundesregierung jetzt beschlossen hat, aber zu kurz. Sie ist nicht geeignet, Ursachen und Umfang von antibiotischen Behandlungen in einem Betrieb zu ermitteln. Dadurch könnten Anreize gegeben werden, Reserveantibiotika zu geben oder eine Behandlung zu unterlassen. Weiterhin ist zu befürchten, dass die zuständigen Behörden mit der Datenflut erheblich belastet werden, ohne eine vernünftige Grundlage für eine risikoorientierte Überwachung zu erhalten. Dazu Dr. Uwe Tiedemann: „Wir fordern darum weiterhin, die Antibiotika-Datenbank zu verfeinern. Außerdem darf man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und die Therapiefreiheit der Tierärzte so weit einschränken, dass eine Behandlung kranker Tiere nicht mehr möglich ist. Die vorbeugende tierärztliche Bestandsbetreuung muss vermehrt zur Verbesserung der Tiergesundheit genutzt werden, und in ganz Europa sollte eine Verschreibungspflicht für Antibiotika gelten.“

Die Tierärzteschaft versucht seit Jahren durch zahlreiche Aktivitäten und Vorschläge Resistenzbildungen zu vermindern und einen Beitrag zur Erhaltung der Wirksamkeit von Antibiotika zu leisten. Die Tierhaltung darf aber nicht als alleinige Ursache für Resistenzen im Humanbereich festgemacht werden. Strategien und Forschungen müssen in alle Richtungen gehen, dabei ist auch die Humanmedizin gefragt.

„Altbewährte“ Antibiotika in der Veterinärmedizin weiterhin wirksam

Berlin (aho) – Tierärzte behandeln immer noch erfolgreich mit altbewährten Antibiotika und sind kaum auf Reserveantibiotika wie Fluorchinolone und Cephalosporine der 3. und 4. Generation angewiesen. Dies ergab eine erste Auswertung der erstmals im Jahr 2011 erhobenen Daten, die dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) zur Verfügung gestellt wurden.

Insgesamt sind im Jahr 2011 rund 1.734 Tonnen Antibiotika von Pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern an Tierärzte in Deutschland abgegeben worden. Den Schwerpunkt bildeten die großvolumigen Tetracycline mit etwa 576 Tonnen und Aminopenicilline mit etwa 505 Tonnen. Diese Zahlen sprechen dafür, dass die Tierärzte auch weiterhin wegen einer guten Resistenzlage in den Tierbeständen mit diesen altbewährten Antibiotika erfolgreich therapieren können. Des Weiteren wurden rund 8,0 Tonnen Fluorchinolone und rund 3,8 Tonnen Cephalosporine der 3. und 4. Generation abgegeben.

Ganz anders ist die Situation in der Humanmedizin. Hier war bereits im Jahr 2009 fast jedes zweite verordnete Antibiotikum ein Reserveantibiotikum. Im Jahr 2003 lag der Anteil der Reserveantibiotika nur bei 30%. Selbst diese Zahl hatte bei Experten Besorgnis ausgelöst.
Der Ursprung des immer größer werdenden Resistenzproblems in der Humanmedizin ist nach Einschätzung des Infektiologen Professor Dr. Michael Kresken im ambulanten Bereich zu suchen. Dieser mache in Deutschland etwa 85 bis 90 Prozent des Antibiotikaverbrauchs aus. Insbesondere der Anteil breit wirkender Antibiotika wie Cephalosporine und Fluorchinolone am Gesamtverbrauch habe dramatisch zugenommen, wird der Wissenschaftlicher Sekretär der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für ChemotherapieInfektiologe in der in Eschborn erscheinenden Pharmazeutischen Zeitung zitiert. Einen Grund für diese Entwicklung sieht Kresken im Preisverfall bei generischen Substanzen. “Wenn Reserveantibiotika nur noch ein paar Cent pro Tablette kosten, werden sie einfach häufiger verordnet.“ Das sei aber fatal, denn „wir sind bis auf Weiteres verdammt dazu, mit den Substanzen zurechtzukommen, die wir haben.“ In den kommenden Jahren sei nicht damit zu rechnen, dass neue Antibiotika mit guter Aktivität gegen gramnegative Bakterien auf den Markt kommen werden. Der Einsatz breit wirksamer Substanzen müsse daher dringend reduziert werden.

Niedersachsen ist auf Antibiotika-Minimierung vorbereitet

Hannover (ml) – Pharmaunternehmer und Großhändler sind nach dem Arzneimittelgesetz seit 2011 verpflichtet ihre Abgabemengen von Tierarzneimitteln mit antimikrobiellen Wirkstoffen zu melden. Für die Auswertung dieser Daten ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zuständig.

Das BVL stellt für 2011 insgesamt eine Abgabemenge von 1.734 Tonnen Antibiotika im Bundesgebiet fest. Den größten Anteil von 1.080 Tonnen machen dabei ältere Wirkstoffe wie „Tetracycline“ und „Aminopenicilline“ aus. Antibiotika der neuen Generation die für die Humanmedizin als Reserveantibiotika von großer Bedeutung sind, sind nur in einer Menge von 11,8 Tonnen abgegeben worden. Die von BVL mitgeteilte Antibiotikamenge ist zum Zwecke der Behandlung von erkrankten Tieren in den Verkehr gelangt. Dazu gehören in Deutschland neben 12,6 Mio. Rindern, 26,7 Mio. Schweine und 128,9 Mio. Geflügel geschätzt auch 27 Mio. Klein- und Heimtiere.

Die Abgabemenge erlaubt es nicht, eine direkte Verbindung zur Behandlungshäufigkeit bei einzelnen Tierarten herzustellen. Die Abgabe von Antibiotika ist streng geregelt und darf nur nach Verschreibung durch den Tierarzt erfolgen. Die Anwendung ist auf erkrankte, behandlungsbedürftige Tiere und damit auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken.
Minister Gert Lindemann weist daraufhin, dass in Niedersachsen mit dem „Antibiotika-Minimierungskonzept“ die Weichen richtig gestellt sind: „Niedersachsen hat deutschlandweit eine Vorreiterrolle übernommen. Das Konzept wurde in seiner Grundstruktur im Bundesrat beschlossen und bei der laufenden Novellierung des Arzneimittelgesetzes aufgegriffen.“

Die Verschärfung des Arnzeimittelgesetzes (AMG) soll unter anderem dazu dienen, die Befugnisse der Kontroll- und Überwachungsbehörden zu erweitern. Den zuständigen Überwachungsbehörden der Länder werden erstmals Daten aus einer zentralen Datenbank zur Behandlungsintensität bei Nutztieren zur Verfügung gestellt.

Niedersachsen hat im November 2011 mit seinem Bericht über den Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaftlichen Nutztierhaltung bereits erste Daten über die Therapiehäufigkeit zu allen relevanten Nutztierarten bzw. Nutzungsgruppen vorgelegt.

Darauf aufbauend hat Minister Lindemann bei der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover die Erarbeitung eines Moduls zur Berechnung der Therapiehäufigkeit in Auftrag gegeben. Dieses Modul kann den Überwachungsbehörden nach Fertigstellung kurzfristig zur Verfügung gestellt werden und ermöglicht eine betriebsbezogene Darstellung der Therapiehäufigkeit. Mit Hilfe dieses Moduls können Betriebe mit überdurchschnittlicher Therapiehäufigkeit identifiziert und gezielt einer tierärztlichen Beratung zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes oder der behördlichen Kontrolle zugeführt werden. Die Möglichkeiten, die das neue Modul bietet, können in die Realisierung einer bundesweiten Datenbank eingebracht werden.
Weiterhin ist die Förderung der einzelbetrieblichen Beratung auf den Weg gebracht worden.

Im Rahmen eines Pilotvorhabens plant Niedersachsen, auf der Basis der Antibiotikaabgabedaten – und den in Bestandsbüchern der Betriebe erfassten Daten – noch vor Inkrafttreten des neuen Arzneimittelgesetzes in tierhaltenden Betrieben mit überdurchschnittlicher Therapiehäufigkeit mit der Umsetzung einzelbetrieblicher und tierarztbegleitender Minimierungskonzepte erste Erfahrungen zu sammeln.

Schließlich wird die Minimierung des Antibiotikaeinsatzes bei der Umsetzung des Tierschutzplanes Niedersachsen umfassend berücksichtigt.

Tierärzteverband begrüßt erstmalige Veröffentlichung der in der Tiermedizin eingesetzten Antibiotikamengen

(bpt) – Seit 2011 sind die pharmazeutischen Unternehmer gesetzlich verpflichtet, die Antibiotika-Abgabemengen in der Tiermedizin an das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information, kurz DIMDI, zu melden. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat heute eine erste Auswertung der DIMDI-Zahlen vorgelegt.

Der bpt begrüßt, dass die Vollerfassung der Antibiotika-Abgabemengen nun endlich realisiert ist. „Die vollständige Erfassung ohne Ausnahme hatten wir immer eingefordert“, erklärt bpt-Präsident Dr. Hans-Joachim Götz dazu und verweist auf die bpt-Stellungnahmen zum DIMDI-Verordnungsentwurf. Erfreulich ist aus Sicht des bpt, dass die erste Auswertung der DIMDI-Zahlen zeigt: Die für die Humanmedizin wichtigen Wirkstoffgruppen haben offensichtlich nur eine geringe Bedeutung in der Tiermedizin. Entsprechend wenig Reserveantibiotika (11,8 Tonnen) werden demnach bei Tieren eingesetzt. „Das belegt deutlich den verantwortungsvollen Umgang bei der Verschreibung und Anwendung von Antibiotika durch die praktizierenden Tierärztinnen und Tierärzte,“ stellt der bpt-Präsident fest.

„Mit den heute veröffentlichten Zahlen wissen wir, welche Mengen von unterschiedlichen antimikrobiellen Substanzen in den deutschen Markt abgegeben werden. Nun müssen wir im zweiten Schritt untersuchen, wo und wie diese Substanzen angewandt werden, um eine Analyse der Situation vornehmen zu können“, erläutert Götz das weitere Vorgehen. Einen exakten Überblick über den tatsächlichen Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung kann nach Auffassung des Tierärzteverbandes nur das Anibiotikamonitoring über QS geben. Dies ist für den Bereich Mastgeflügel zum 1. April diesen Jahres und für Mastschweine am 1. September gestartet. Über 500 praktizierende Tierärztinnen und Tierärzte arbeiten bereits in diesem freiwilligen System mit, das mindestens 90 Prozent aller Masttierbestände erfasst. Der bpt war und ist intensiv in die Umsetzung des QS-Anitibiotikamonitorings eingebunden. Nun gilt es, die im Rahmen des Monitorings gewonnen Zahlen zügig auszuwerten.